Die unglaublichen Emotionen sind mein Antrieb

9042 Speicher

11.03.2025

Die Nordischen Skiweltmeisterschaften in Trondheim sind in vollem Gange – und für die Schweizer Athleten bereits ein Erfolg: Drei Medaillen konnten sie bislang gewinnen. Hanspeter Betschart, Chefarzt der Berit Sportclinic in Speicher und Chief Medical Officer von Swiss Olympic, begleitet das Team als verantwortlicher Verbandsarzt Swiss Ski Nordisch. Er gibt Einblicke in seinen intensiven Alltag an der WM, spricht über die häufigsten Herausforderungen und erzählt, was ihn an der Arbeit mit Spitzensportlern besonders fasziniert.

Hanspeter Betschart mit Martina Friedli, Physiotherapeutin Spital Davos, und Seline Zeller, Physiotherapeutin Medbase Abtwil Bild: Swiss Ski

Hanspeter Betschart, in welcher Funktion sind Sie an den Nordischen Skiweltmeisterschaften in Trondheim im Einsatz?
Ich bin als verantwortlicher Verbandsarzt für Swiss Ski Nordisch vor Ort. Meine Aufgabe ist es, die medizinische Betreuung der Athleten sicherzustellen – von der Prävention über die Akutversorgung bis hin zur Regeneration nach den Wettkämpfen.

Wie sieht ein typischer Tag für Sie während der WM aus?
Der Tag beginnt früh, manchmal mit einer kurzen Joggingrunde, bevor es zum Frühstück geht. Danach stehen Konsultationen mit Athleten auf dem Programm, die gesundheitliche Beschwerden haben. Während der Wettkämpfe bin ich direkt vor Ort – sei es als Betreuer im Start- und Zielbereich, an einem Stockposten oder bei der Verpflegung während der längeren Langlaufrennen.

Ich begleite die Athlten zu allfälligen Dopingkontrollen. Und natürlich hoffe ich, dass ich oft einfach mitjubeln kann! Am Abend gibt es Teamsitzungen, in denen der nächste Tag besprochen wird. Grundsätzlich bin ich rund um die Uhr auf Abruf – medizinische Probleme halten sich nicht an Zeitpläne.

Nadine Fähndrich und Anja Weber sichern der Schweiz die zweite Medaille Bild: Swiss Ski

Was sind die häufigsten gesundheitlichen Probleme bei einem Grossanlass wie dieser WM?
Infekte der oberen und unteren Atemwege sind eine grosse Herausforderung, besonders bei dem momentanen sehr nassen Wetter hier. Dazu kommt das bekannte Asthma, das gerade in der Kälte verstärkt auftreten kann. Verletzungen sind im Nordischen Skisport zwar seltener, aber wenn sie passieren, sind sie meist das Resultat von Stürzen.

Wie haben Sie die Schweizer Athleten auf diese WM vorbereitet?
Ein wichtiger Punkt ist die Infektprävention. Gerade in der Hochsaison sind Erkältungen und andere Infekte eine grosse Gefahr. Wir achten darauf, dass sich die Athleten in Risikosituationen schützen, setzen gezielt auf bestimmte Supplemente und kontrollieren regelmässig Werte wie Eisen- oder Vitaminspiegel. Ausserdem gibt es jährlich eine umfassende sportärztliche Kontrolle, um sicherzustellen, dass alle optimal vorbereitet sind.

Valerio Grond, Jonas Baumann, Cyril Fähndrich und Jason Rüesch holen mit der Staffel Silber Bild: Swiss Ski

Wie wichtig ist die Regeneration bei einem solch intensiven Wettkampfprogramm?
Extrem wichtig! Viele Athleten haben innerhalb weniger Tage mehrere Rennen – manchmal sogar an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Ohne eine durchdachte Regeneration wären solche Leistungen nicht möglich. Die richtige Balance zwischen Belastung und Erholung zu finden, ist eine zentrale Aufgabe.

Wie gehen Sie mit Notfällen um, wenn es plötzlich kritisch wird?
Das Wichtigste ist, ruhig zu bleiben. In einem solchen Moment zählt nur die Lösung – und die muss oft schnell gefunden werden. Gerade im Ausland gibt es manchmal eingeschränkte medizinische Möglichkeiten, da heisst es dann auch improvisieren. Erfahrung hilft enorm, um in solchen Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Bild: Swiss Ski

Was fasziniert Sie an der Arbeit mit Spitzensportlern?
Die unglaublichen Emotionen, die mit dem Sport verbunden sind. Jeder einzelne Tag ist geprägt von Hingabe, Präzision und dem Streben nach Perfektion. Es beeindruckt mich immer wieder, mit welcher Akribie sich die Athleten auf den einen Moment vorbereiten, in dem alles passen muss. Dass ich einen kleinen Teil dazu beitragen kann, ist für mich eine grosse Motivation.

Wie gehen Sie selbst mit dem Druck um, den diese Verantwortung mit sich bringt?
Ich empfinde selten Druck, weil wir ein grossartiges Team haben, das sich gegenseitig unterstützt. Und wenn es doch mal stressig wird, nehme ich mir eine Stunde Zeit für Sport – das ist mein persönliches Ventil.

Bild: Swiss Ski

Welcher Moment in Trondheim hat Sie bislang am meisten beeindruckt?
Ganz klar der Teamgeist im Schweizer Team. Die Stimmung ist einfach grossartig! Und natürlich sind die Erfolge etwas ganz Besonderes – schliesslich erleben wir gerade die erfolgreichste Nordische Ski-WM für die Schweiz aller Zeiten.

Quelle Interview: «Die unglaublichen Emotionen sind mein Antrieb» | Sport